Hilfe trotz Alkohol und Drogen: 25 Jahre Arztmobil

Das Arztmobil in Gelsenkirchen hilft Menschen, denen sonst keiner mehr hilft. Wohnungslose und Menschen mit Drogenproblemen bekommen hier seit 25 Jahren Hilfe. Wir waren mit dem Team unterwegs.

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Es ist Dienstagvormittag. Das Arztmobil - ein umgebauter Bulli - steht am Weißen Haus in Buer. Hier bekommt jeder ärztliche Hilfe, egal wer. Drogensüchtige, Wohnungslose - niemand fragt hier nach der Krankenkassenkarte. Viele haben tiefe Wunden. Alex hat Zahnschmerzen. Er lebt auf der Straße und hält die Schmerzen seit sechs Tagen aus. Jetzt ist es zu schlimm geworden. Zwei Zähne habe er sich in der Nacht selbst gezogen, erzählt er. Im Arztmobil bekommt er Hilfe, ein Schmerzmittel. Wenn es beim nächsten Mal nicht besser wird, soll er zum Zahnarzt.

Alex ist sehr dankbar für die Hilfe des Arztmobils: "Das sind super Leute, die helfen, wo sie können!"

Reportage: Mit dem Arztmobil auf Schicht

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Das Arztmobil - hier in Gelsenkirchen-Buer© Radio Emscher Lippe
Das Arztmobil - hier in Gelsenkirchen-Buer
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Bei der Behandlung im Gelsenkirchener Arztmobil fließen Tränen

Bei der nächsten Behandlung fließen Tränen: Frank hat ein bewegtes Leben hinter sich. Früher habe er in den Büschen gelegen, sagt er. Mal saß er im Knast, mal im Krankenhaus, erzählt er. Heute geht es ihm besser - von den Drogen kommt er Schritt für Schritt runter. Auch dank den Streetworkerinnen und Ärztinnen des Arztmobils. "Wenn man obdachlos ist, meinen manche Menschen, sagen zu müssen: Man gehört nicht mehr der Gesellschaft an". Das Wichtigste sei die Menschlichkeit, die ihm die Streetworker entgegengebracht hätten.

Wenn ich wirklich mal Glück hätte und nen 6er im Lotto hätte - ich würde denen das Geld schenken.

Als er das alles erzählt, kullern irgendwann dicke Tränen der Dankbarkeit auf den Boden des Arztmobils. Und er geht sogar noch weiter: "Wenn ich wirklich mal Glück hätte und 'nen 6er im Lotto hätte - ich würde denen das Geld geben, weil die sich wirklich für die menschliche Seite interessieren."

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Patient Frank© Radio Emscher Lippe
Patient Frank
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Wer sind die Helfer des Arztmobils in Gelsenkirchen?

Streetworkerin Natalie Erbach gibt Medikamente aus.© Radio Emscher Lippe
Streetworkerin Natalie Erbach gibt Medikamente aus.
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Beim Arztmobil arbeiten Ärztinnen, Pflegerinnen und Streetworkerinnen. Die Ärztinnen und Pflegerinnen kümmern sich direkt im Mobil um die Patienten. Die Streetworkerinnen sind draußen unterwegs und sprechen die Menschen an, vermitteln Hilfe oder den Kontakt zu den Ärztinnen.

Janine Grundmann und ihre Kollegin Natalie Erbach sprechen heute Menschen in einem Park an der Hochstraße in Gelsenkirchen-Buer an. Hier halten sich viele Menschen auf, die durch Alkohol oder Heroin den Anschluss verloren haben. Zum Beispiel Conny, seit vielen Jahren heroin-abhängig. "Hier bekomme ich alles, was ich brauche", erzählt sie. Zum Beispiel saubere Spritzen und Medikamente. "Das ist für die Seele Eins Plus. Mehr geht gar nicht", sagt Conny.

Patientin Conny© Radio Emscher Lippe
Patientin Conny
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Streetworkerin Janine Grundmann verrät uns ihre Motivation hinter dem Job: "Weil wir alle Menschen sind. Alles Menschen mit den gleichen Bedürfnissen." Deshalb sei es wichtig, Menschen am Straßenrand nicht zu ignorieren. Man müsse nichts geben, aber: "Ein Hallo reicht."

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Alltag im Arztmobil ist anders als in klassischen Arztpraxen

Barbara Blenkers ist heute als Ärztin mit Kollegin Friederike Scholz im Arztmobil auf Schicht. Viele Nöte der Patienten können sie lindern, aber nicht lösen. Dafür müssten sich mehr niedergelassene Ärzte bereiterklären, Patienten des Arztmobils aufzunehmen und zu behandeln. Denn die Möglichkeiten von Barbara Blenkers und ihren Kolleginnen sind begrenzt. Auch bei der Medikamentenabgabe läuft alles etwas anders. Komplizierte Rezepte für die Apotheke gibt es nicht, stattdessen werden die Medikamente oft direkt herausgegeben, aber nur in sehr kleinen Mengen. Denn die Ärztinnen können nicht kontrollieren, wie zuverlässig die Medikamente tatsächlich eingenommen werden.

Grundsätzlich gefällt Barbara dieser etwas andere "Praxis-Alltag". Man habe viel mehr Zeit, um mit den Patienten zu sprechen. "Und das ist manchmal sogar fast wichtiger als die medizinische Behandlung."

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Reportage: Auf Schicht mit dem Arztmobil

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