Müllflut in unseren Städten - was dagegen getan wird

Rund 25.000 illegale Müllkippen haben die Entsorger 2023 am Niederrhein und im Ruhrgebiet gezählt. Die Schäden gehen in die Millionen - gefasst werden die Verursacher viel zu selten.

© Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services

Die Müllberge werden immer größer für Manfred und seinen Kollegen Patrick von den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen. In der Innenstadt wimmelt es von öffentlichen Papierkörben – in ganz Oberhausen gibt es 2.634. Für manche offenbar nicht genug. Überall finden Manfred und Patrick wilde Müllkippen: an Altkleidercontainern, in Hauseingängen oder einfach so auf der Straße oder im Gebüsch. Manni macht den Job seit sechs Jahren. „Die machen mich nicht arbeitslos“, sagt er. „Wir finden alles: Haustüren, Toiletten, Spülbecken, einfach alles.“ Auch Autoreifen landen immer wieder im Gebüsch oder auf Parkplätzen. Genauso wie Sperrmüll. Gemeinsam hieven sie ein Sofa in ihren Müllwagen. Dabei ist die Sperrmüll-Anmeldung eigentlich kostenlos.

© Radio Emscher Lippe

Zahl der illegalen Müllkippen im Ruhrgebiet und am Niederrhein steigt

Wilde Müllkippen werden am Niederrhein und im Ruhrgebiet immer mehr zum Problem, wie unsere Recherche zeigt. Rund 15.000 illegale Müllablagerungen pro Jahr meldet Gelsenkirchen, in Oberhausen waren es im Jahr 2023 mehr als 3.000 wilde Müllkippen, in Mülheim knapp 5.000 – allerdings bezogen auf die vergangenen vier Jahre. Die Stadt Moers berichtet auf Anfrage von 940 Müllkippen im Jahr 2023, in Wesel waren es 750.

Viele Städte sprechen von einem größer werdenden Problem. Während es in Bottrop im Jahr 2019 noch rund 4.300 wilde Müllablagerungen gab, waren es vier Jahre später knapp über 5.000 Stellen, zu denen die Mitarbeiter ausrücken mussten. In Gladbeck hat sich die Zahl der wilden Kippen innerhalb von vier Jahren fast verdoppelt, auf 800 im Jahr 2023. Allerdings weist ein Sprecher darauf hin, dass es sich in der Regel um kleinere Ablagerungen an bekannten Hotspots handele, die „ohnehin regelmäßig kontrolliert“ würden. In Oberhausen sind die Zahlen stark gestiegen. Allein in der ersten Jahreshälfte 2024 sind mehr Müllkippen gemeldet worden (rund 2700 bis Juli) als im kompletten Jahr 2019 (knapp 2.500).

Patrick und Manfred von den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen.© Radio Mülheim
Patrick und Manfred von den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen.
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Millionenschäden für unsere Entsorger wegen illegaler Müllkippen

Wild entsorgter Müll sorgt bei unseren Entsorgern für Millionenschäden, wie unsere Recherche weiter zeigt. Rund 800.000 Euro hat allein die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft im Jahr 2023 für den Abtransport des Mülls blechen müssen, sagt uns eine Sprecherin auf Anfrage. In Gelsenkirchen rechnet der Entsorger Gelsendienste sogar mit Kosten von rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr. In Moers hat sich zumindest die Kostensituation in den vergangenen Jahren etwas entspannt – rund 250.000 Euro musste die Enni 2023 ausgeben. Die geringeren Kosten hätten vor allem mit gesunkenen Entsorgungskosten in der Müllverbrennungsanlage zu tun.

Wild entsorgter Müll in Moers am Niederrhein.© Volker Herold / FUNKE Foto Services
Wild entsorgter Müll in Moers am Niederrhein.
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Bußgelder gegen Verursacher von Müllkippen teils nur die Ausnahme

Unsere Recherche macht auch deutlich, dass viele Entsorger nur selten rechtliche Mittel nutzen, um die Verursacher zu bestrafen. In Moers etwa wurden 2023 nur 25 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet – bei über 900 Meldungen illegaler Müllkippen. Grundsätzlich sei es immer schwieriger, die Verursacher herauszufinden, sagt uns ein Sprecher der Enni. In Gladbeck erwirtschaftet die Stadt jedes Jahr rund 8.000 bis 10.000 Euro aus Bußgeldern, heißt es vom Betriebshof. Das Ziel sei aber „eher die Abschreckung als der finanzielle Nutzen“. In Mülheim wurden bis Dezember 2024 rund 164 Bußgeldbescheide verhängt – bei im Schnitt über 1.000 wilden Müllkippen pro Jahr. 

An Altkleider- oder Papiercontainern sammelt sich oft Müll.© Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services
An Altkleider- oder Papiercontainern sammelt sich oft Müll.
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Was tun gegen illegale Müllkippen? So wehren sich die Städte

Gelsenkirchen hat in den vergangenen Jahren auch juristisch immer wieder Erfolge gegen Müllsünder feiern können. Dafür wurde unter anderem das Team der Mülldetektive immer weiter aufgestockt. Sechs Detektive wühlen jeden Tag im Müll, um die Namen und Adressen der Verursacher herauszufinden. Die stehen zum Beispiel auf weggeschmissenen Rechnungen. Im Jahr 2023 haben die Gelsenkirchener Mülldetektive rund 3.000 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Allerdings führen nicht alle Anzeigen auch zu einer Verurteilung – manche Verursacher wehren sich vor Gericht oder sind schlicht nicht mehr in Deutschland. In der Regel fangen die Bußgelder bei 300 Euro an, schreibt uns der Entsorger.

In Oberhausen will der Entsorger seit Anfang Januar das Chaos rund um Altkleidercontainer eindämmen. Deshalb kommen die Wirtschaftsbetriebe jetzt auch zu euch nach Hause, wenn ihr alte Kleidung loswerden möchtet. Dazu kann einfach ein Termin online vereinbart werden. Oft landen Klamotten neben dem Container, vor allem, wenn dieser schon voll ist. Wo einmal Müll liegt, legen viele Menschen ihren Müll einfach dazu, zeigt die Erfahrung. In Mülheim gibt es den Service schon länger, die Fahrer sind unter der Woche zwischen 6 und 13 Uhr bzw. 13 und 19 Uhr unterwegs. Auch hier könnt ihr online einen Termin buchen. 

In Gelsenkirchen soll das Problem mit vollen Altkleidercontainern in diesem Jahr mit künstlicher Intelligenz angegangen werden. Sensoren sollen erkennen, wenn die Container voll sind – und dann den zuständigen Firmen Bescheid geben. Die können die Container dann schnell leeren.

Mülldetektive in Gelsenkirchen bei der Arbeit.© Radio Emscher Lippe
Mülldetektive in Gelsenkirchen bei der Arbeit.
© Radio Emscher Lippe

Viele Städte setzen auf Prävention beim Thema Müll

Ansonsten setzen die meisten Städte vor allem auf Prävention. In Moers sorgt ein „Müllkümmerer“ nicht nur dafür, Verursacher zu finden, sondern auch über die richtige Entsorgung aufzuklären. Im Kreis Wesel läuft außerdem die Kampagne „Mach’s richtig – frag Mike“. Unter anderem auf Social Media wird auf das Thema aufmerksam gemacht. Der Betriebshof in Gladbeck setzt neben „Müllsherrifs“ auch auf Kinder: Kindergärten nehmen regelmäßig an Führungen des Betriebshofs teil. So soll schon den Jüngsten der richtige Umgang mit Müll beigebracht werden.

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