Junge in Kita erstickt: Tagesmütter wieder vor Gericht

Nach dem Tod eines Zweijährigen in einer Gelsenkirchener Mini-Kita startet heute am Landgericht Essen der Berufungsprozess. Die beiden Tagesmütter waren freigesprochen worden - jetzt wird der Fall neu aufgerollt.


Kinderjacken hängen in einer Kita am Haken
© Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services
  • Staatsanwaltschaft und Eltern sind in Berufung gegangen
  • Endgültiges Urteil soll heute im Laufe des Tages fallen

Der Zweijährige hatte im August 2021 zum ersten Mal seinen Mittagsschlaf in der Großtagespflege in Gelsenkirchen-Schalke gemacht. Dabei war er von einer losen Bodenplatte in seinem Etagenbett eingeklemmt worden und erstickt. Die Staatsanwaltschaft hatten den beiden Tagesmüttern vorgeworfen, nicht richtig aufgepasst und den Notfall nicht bemerkt zu haben. Auch ein Babyfon habe es nicht gegeben.

Das Gelsenkirchener Amtsgericht hatte die beiden Tagesmütter im vergangenen Oktober freigesprochen. Laut der Richter habe es weder eine Verletzung der Aufsichtspflicht noch eine Vorhersehbarkeit des tragischen Ereignisses gegeben. Die Staatsanwaltschaft und die Eltern des toten Jungen sind gegen den Freispruch in Berufung gegangen. 

Gutachter hielt Kinderbetten für gefährlich

Ein Möbel-Sachverständiger hatte im Prozess massive Kritik an den Etagenbetten in der Kita geäußert. Das Bett, in dem der Junge eingeklemmt und erstickt ist, erfüllte laut dem Möbelsachverständigen mehrere Sicherheitsvorschriften nicht. Die Betten, die zehn Jahre vor dem Vorfall angeschafft worden waren, stammten aus städtischen Mitteln. Die Stadt Gelsenkirchen hat nach dem tragischen Unglück Konsequenzen gezogen und die Betten nach eigenen Angaben verbessert.

Prozess hatte sich verzögert

Eigentlich sollte das Urteil gegen die beiden Tagesmütter am Gelsenkirchener Amtsgericht schon vor einem Jahr fallen. Der Prozess musste aber nach dem ersten Tag gestoppt werden - wegen der Urlaubspläne eines Schöffen. Ohne ihn konnte das Verfahren nicht weitergehen und musste deshalb ein halbes Jahr später noch einmal neu gestartet werden.

Oktober 2023: Prozess endet mit Freisprüchen

Die Staatsanwaltschaft hatte den damals 38 und 27 Jahre alten Gelsenkirchenerinnen fahrlässige Tötung vorgeworfen und eine Haftstrafe von 10 Monaten ohne Bewährung beantragt. Sie hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt und würden deshalb die Schuld am Tod des Jungen tragen. Das Amtsgericht sah den Vorwurf der fahrlässigen Tötung nicht als gegeben. Die Mutter des toten Kindes reagierte auf den Freispruch sehr emotional und musste vom Sicherheitsdienst aus dem Saal begleitet werden.

Urteil soll noch heute fallen

Die Eltern des toten Jungen sind als Nebenkläger, ebenso wie die Staatsanwaltschaft, in Berufung gegangen. Laut eines Gerichtssprechers ist für den Berufungsprozess ein Tag angesetzt. Das endgültige Urteil soll also noch heute am Essener Landgericht fallen.

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