Diplomatisches Ringen nach Israels Luftangriff in Katar

Nahostkonflikt - Katar
© Jon Gambrell/AP/dpa

Lage im Überblick

Doha/Tel Aviv (dpa) - Israel hat mit seinem überraschenden Luftangriff in Katar nach Einschätzung Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens eine Verschärfung der Spannungen im Nahen Osten riskiert. Der am Dienstag erfolgte Angriff in der Hauptstadt Doha verletze die Souveränität Katars und berge das Risiko «einer weiteren Eskalation in der Region», heißt es in einer am Freitag von der Regierung in London veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Am selben Tag empfing US-Präsident Donald Trump Katars Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani Berichten zufolge zum Abendessen. 

Das Golfemirat ist ein Verbündeter der USA. Beide Länder fungieren mit Ägypten als Vermittler im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Die USA sind zugleich Verbündeter Israels. Trump hatte sein Bedauern über Israels überraschenden Luftangriff in Katar ausgedrückt. Eine «einseitige Bombardierung innerhalb Katars als souveränen Staat und engen Verbündeten der Vereinigten Staaten» diene weder Israels noch Amerikas Zielen, hieß es in einer Stellungnahme, die Trumps Sprecherin Karoline Leavitt vortrug. 

US-Außenminister Rubio reist nach Israel

Vor diesem Hintergrund reist US-Außenminister Marco Rubio heute nach Israel. Dort werde er die Prioritäten der USA im Gaza-Krieg deutlich machen und das Engagement seines Landes für Israels Sicherheit bekräftigen, teilte sein Ministerium mit. Rubio werde auch Familien der Geiseln in der Gewalt der Hamas treffen. Deren Freilassung habe weiterhin oberste Priorität für die USA. 

Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstag versucht, die Führungsspitze der Hamas in der katarischen Hauptstadt Doha anzugreifen. Nach Hamas-Angaben schlug die Attacke jedoch fehl, es sei kein Mitglied der Verhandlungsdelegation der Hamas getötet worden. Sechs Menschen seien aber ums Leben gekommen.

«Ernsthafte Gefahr» für Geisel-Abkommen

Israels Angriff stelle «eine ernsthafte Gefahr» für eine mögliche Vereinbarung dar, die die Freilassung aller Geiseln sichern und den Gaza-Krieg beenden würde, hieß es in der Erklärung der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. «Die Minister fordern alle Parteien nachdrücklich auf, ihre Bemühungen um eine sofortige Waffenruhe zu erneuern und zu verstärken». Sie unterstützten die wichtige Rolle Katars bei den Vermittlungsbemühungen.

Bericht: Israel setzte Raketen vom Roten Meer aus ein

Israels Angriff erfolgte nach Informationen des «Wall Street Journal» mit Langstreckenraketen, die von Kampfflugzeugen über dem Roten Meer auf Doha abgefeuert worden seien. Der Schlag sei dabei so geplant gewesen, dass der Luftraum arabischer Staaten vermieden wurde und schnell zugeschlagen werden konnte. Der Trump-Regierung wurde dabei kaum Gelegenheit für Einwände gegeben, wie es unter Berufung auf mehrere ranghohe US-Beamte hieß. 

Trump hatte der Zeitung zufolge anschließend ein hitziges Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu geführt. Trump sei wütend darüber gewesen, erst während Israels Angriff durch das US-Militär und nicht von Israel selbst darüber informiert worden zu sein – und darüber, dass ein Angriff Katar und damit das Territorium eines US-Verbündeten getroffen habe, der gerade in Verhandlungen zur Beendigung des Gaza-Krieges vermittele, hieß es.

Bericht: Israelischer Geheimdienst lehnte Schlag in Doha ab

Nach Informationen der «Washington Post» hatte sich Israels Auslandsgeheimdienst Mossad geweigert, einen in den vergangenen Wochen ausgearbeiteten Plan umzusetzen, bei dem Agenten vor Ort eingesetzt werden sollten, um die Hamas-Führer zu töten. Mossad-Direktor David Barnea sei unter anderem deswegen dagegen gewesen, weil eine solche Aktion die Beziehung gefährden könnte, die er und sein Dienst zu den Katarern aufgebaut hatten, hieß es unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Israelis.

Im Juli 2024 hatte der Mossad den damaligen Auslandschef und höchsten Anführer der Hamas, Ismail Hanija, bei einem Besuch in der iranischen Hauptstadt Teheran mit einer ferngezündeten Bombe in einer Residenz getötet. Dieses Mal sei der Mossad zu so einer Aktion nicht bereit gewesen, zumal Katar als wichtiger Vermittler in den Gesprächen mit der Hamas gesehen werde, zitierte die US-Zeitung eine ihrer Quellen. «Wir kriegen sie (die Hamas-Anführer) in einem, zwei oder vier Jahren, und der Mossad weiß, wie man das macht», sagte eine weitere Quelle dem Blatt und fügte hinzu: «Warum jetzt?»

Sondergipfel in Katar geplant

Auch in der arabischen Welt sorgt Israels Vorgehen weiter für Unmut. Bei einem an diesem Sonntag und Montag in Katar geplanten Sondergipfel der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) dürfte es um die Suche nach einer gemeinsamen Haltung gegenüber Israel gehen. Vor dem Treffen der Monarchen, Staats- und Regierungschefs gebe es am Sonntag einen vorbereitenden Gipfel auf Ebene der Außenminister, meldete Katars Staatsagentur QNA. Der OIC gehören 57 muslimisch geprägte Staaten an.

Die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate bestellte unterdessen Israels stellvertretenden Botschafter ein. Israels Luftangriff sei als «schamloser und feiger Angriff» verurteilt worden, teilte das Außenministerium in Abu Dhabi mit.

Israel fängt erneut Rakete aus dem Jemen ab

Unterdessen löste eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete in der Nacht in Tel Aviv und anderen Orten Israels Alarm aus. Die Armee teilte mit, das Geschoss sei abgefangen worden. Berichte über Verletzte oder größere Schäden gab es zunächst nicht. Die Huthi reklamierten den Angriff am Morgen für sich. In den Tagen zuvor war die israelische Luftabwehr wegen Angriffen mit Drohnen und einer Rakete aus dem Jemen aktiviert worden.

Seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 attackieren die Huthi Israel immer wieder mit Raketen und Drohnen - nach eigenen Angaben als Ausdruck ihrer Solidarität mit der Hamas. Israel greift im Gegenzug Ziele im 2.000 Kilometer entfernten Jemen an, die nach eigenen Angaben im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten der Huthi stehen.

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US-Außenminister Marco Rubio
US-Außenminister Rubio wird in Israel erwartet. (Archivbild)© Mandel Ngan/AFP Pool via AP/dpa
US-Außenminister Rubio wird in Israel erwartet. (Archivbild)
© Mandel Ngan/AFP Pool via AP/dpa
Nahostkonflikt - Gaza
Israel geht im Gazastreifen weiter gegen die Hamas vor. © Yousef Al Zanoun/AP/dpa
Israel geht im Gazastreifen weiter gegen die Hamas vor.
© Yousef Al Zanoun/AP/dpa
Doha in Katar
Nach dem israelischen Luftangriff in Katar lädt das Land zu einem Sondergipfel mit fast 60 arabischen und islamischen Staaten ein. (Archivbild)© Bernd von Jutrczenka/dpa
Nach dem israelischen Luftangriff in Katar lädt das Land zu einem Sondergipfel mit fast 60 arabischen und islamischen Staaten ein. (Archivbild)
© Bernd von Jutrczenka/dpa

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